Wie ähnlich ist zu ähnlich? Verwechslungsgefahr bei Marken
Ist die Marke meines Wettbewerbers zu ähnlich? Darf ich mein neues Produkt so wirklich nennen? Diese Fragen können Laien oft nicht leicht beantworten. Ich selbst lerne immer wieder dazu – schließlich gibt es immer wieder neue Entscheidungen zu dem Thema. In meiner über 20jährigen Beratungspraxis zu Markenrecht ist dieses Thema sicherlich das häufigste und wichtigste Thema. Meine Mandanten können nur sehr schwer richtig einschätzen, ob zwei gegenüberstehende Marken zu ähnlich sind.
Was ist Verwechslungsgefahr und warum ist sie wichtig?
Was bedeutet Verwechslungsgefahr? Wozu gibt es Marken? Wann sind Marken gleich und wann sind Marken (zu) ähnlich? Warum kann ein falsches Verständnis von Verwechslungsgefahr teuer werden?
Marken gibt es, damit Anbieter von Waren oder Dienstleistungen Ihre Angebote von den Angebote ihrer Wettbewerber unterscheiden können. Sie Abnehmer der Waren oder Dienstleistungen sollen die Marke als sog. Herkunftshinweis aufnehmen, d.h. sie sollen bei Wahrnehmung der Marke im Kontekxt mit der bestimmten Ware oder Dienstleistung an einen bestimmten Anbieter denken.
Beispiel: Die bekannte Marke “Aspirin” ist für ein Medikamente für die Bayer Intellectual Property GmbH eingetragen. Diese Medikamente enthalten den Wirkstoff ASS. Damit nun Wettbewerber oder Nachahmer keine Medikamente unter “Aspirin” verkaufen, die vielleicht gar nicht den Wirkstoff oder gar schädliche Inhaltsstoffe verkaufen, hat die Inhaberin der Marke das Recht, anderen Dritte zu verbieten, Medikamente unter dem Namen “Aspirin” anzubieten.
Wenn Sie also Ihre Marke schützen, können Sie beispielsweise Wettbewerbern oder Nachahmern untersagen, diese oder eine zu ähnliche Marke für die geschützen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen.
Im Markenrecht bezeichnet die Verwechslungsgefahr das Risiko, dass der durchschnittliche Verbraucher (in der Fachsprache die Verkehrskreise) aufgrund von Ähnlichkeiten zwischen zwei Marken fälschlicherweise annimmt, die Marken seien dieselben oder stammten aus derselben Herkunft oder seien miteinander verbunden. Diese Beurteilung erfolgt stets im Gesamteindruck, das heißt, es wird abgewogen, ob – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – eine Verwechslungsgefahr besteht.
Ich will Ihnen an einem Beispiel zeigen, wie wichtig es ist, die Verwechslungsgefahr von Marken richtig einschätzen zu können:
Dieser Fall liegt gerade auf meinem Schreibtisch. Ich habe den Markennamen natürlich geändert – nennen wir den Markennamen MARIMBA. Ein Onlinehändler hat vor einigen Jahren mit dem Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln unter dem Namen MARIMBA begonnen. Er hat diese Marke auch beim Amt angemeldet und dafür sogar einen Anwalt eingeschaltet.
Der Mandant macht mittlerweile pro Monat einen siebenstelligen Umsatz mit seinen Nahrungsergänzungsmitteln.
Leider hat der Anwalt keine oder keine ausreichende Recherche vor der Anmeldung durchgeführt. Es gibt nämlich Inhaber von älteren Marken, die sich nun gestört fühlen – sagen wir mal diese heißen MERIMBA. Eine Abmahnung wurde noch nicht ausgesprochen. Natürlich kann man nun alle Argumente finden, die für den Mandanten sprechen und “in den Krieg ziehen”. Daran verdienen mit 100%iger Sicherheit vor allem die Anwälte. Selbst wenn das Risiko zu verlieren nur 20% beträgt (in diesem Fall liegt es höher), muss man dieses Risiko einfach mit dem potentiellen Schadenersatz (z.B. Herausgabe eine großen Anteils des Gewinns) multiplizieren. Man kommt schnell zu dem Schluss, dass es ökonomisch sinnvoller ist, sich mit der Gegenseite zu einigen und sich umzubenennen, bevor Schadenersatz in Millionenhöhe droht.
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es sein kann, vor dem Start mit einem Produkt oder einer Firma die Ähnlichkeit der geplanten Marke im Vergeleich zu älteren existierenden Marken richtig einzuschätzen.
Wann sind die durch die Marken geschützten Waren und Dienstleistungen zu ähnlich?
Wie wird beurteilt, ob gegenüberstehende Waren oder Dienstleistungen zu ähnlich sind? Was sind die entscheidenden Faktoren?
Wenn die gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen identisch sind, dann kann man direkt zum nächsten Schritt der Prüfung weitergehen. Identität ist nicht nur gegeben, wenn sich z.B. Hosen mit Hosen gegenüberstehen. Identität wird natürlich auch angenommen, wenn sich ein Oberbegriff und ein konkreter Begriff gegenüberstehen (z.B. Hose und Bekleidungstücke). Daher ist es als Markeninhaber immer sinnvoll, die Oberbegriffe einer Klasse zu beanspruchen.
Die gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen wie beispielsweise Hosen und Mützen sind immer dann zu ähnlich, wenn sie aufgrund von verschiedenen Faktoren miteinander in Verbindung gebraucht werden. Beispiele für diese Faktoren sind:
- Könnten die Käufer annehmen, dass die gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen vom selben Anbieter kommen?
- Werden die gegenüberstehenden Waren normalerweise ergäzend zueinander angeboten?
- Gibt es dieselben typischen Vertriebswege?
- Erfüllen die gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen denselben Zweck
Je mehr dieser und weiterer Faktoren erfüllt sind, je ähnlich werden die gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen beurteilt.
Wann sind Markennamen oder Logos zu ähnlich?
Wie werden gegenüberstehende Markennamen genau verglichen (Aussehen, Klang, Bedeutung)? Was ist der sog. Gesamteindruck? Was sind die jeiweiligen Kriterien? Welche Sonderfälle gibt es (z.B. Kurzmarken)?
In der Regel wird von Ämtern oder Gerichten geprüft, ob die gegenüberstehenden Zeichen (also z.B. Markennamen) gleich oder sehr ähnlich aussehen (visuell, schriftbildlich), gleich oder sehr ähnlich klingen oder die gleiche oder eine sehr ähnliche Bedeutung haben (assoziative Ähnlichkeit). In meiner Erfahrung reicht es meistens aus, wenn einer dieser drei Faktoren gut erfüllt ist. So kann es sein, dass Zwei Marken Tschuka und Chouca verwechselt werden, da sie klanglich identisch sind, aber schriftbildlich sehr große Unterschiede aufweisen.
Es gibt von diesen Regeln natürlich viele Ausnahmen und spezielle Themen. Ich will mal in diesem Artikel ein Beispiel herausgreifen: Kurzmarken. Mit Kurzmarken werden Marken bezeichnet, die üblicherweise 3 oder weniger Buchstaben aufweisen, wie NAI oder ISP. In der Regel reicht in meiner Erfahrung die Abweichung in nur einem Buchstaben aus, um aus dem Schutzbereich solcher Kurzmarken heruuszukommen. Die Gerichte haben nur wenige eng auszulegende Ausnahmen definiert. Beipspielsweise wurden die Marken ISP und IPS als verwechselbar angesehen, da die Vokalfolgen iee dieselben waren und die letzten beiden Buchstaben lediglich vertauscht waren.
Kennzeichnungskraft und weitere Faktoren?
Was ist überhaupt Kennzeichnungskraft? Wann ist eine Marken stark oder schwach? Warum kommt es auf die Aufmerksamkeit der potentiellen Kunden an?
Wenn eine Marke sehr bekannt ist, dann spricht man davon, dass sie durch die Bekanntheit eine erhöhte sog. Kennzeichnungskraft haben kann. Viele Käufer bzw. Verkehrskreise und würden daher vielleicht eher denken, dass eine ähnliche Marke mit dieser bekannten Marke zu tun hat oder dies dieselbe Marke ist. Andererseits kann die sog. Kennzeichnungskraft auch unterdurchschnittlich sein, wenn die Marke recht beschreibend für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen ist, wie beispielsweise Magnesiumstixx für Magnesiumsticks.
Wenn man eine Marke mit hoher Unterscheidungskraft hat, kann man leichter gegen Marken vorgehen, die aufgrund von zu wenig Ähnlichkeit bei normaler Unterscheidungskraft als nicht verwechselbar angesehen würden. Andererseits kann man bei Marken mit geringer Unterscheidungskraft oft nur gegen Marken vorgehen, die identisch oder fast identisch sind.
Und warum kommt es nun auf die Aufmerksamkeit der Käufer bzw. der sog. Verkehrskreise an? Ich erkläre das an einem Beispiel:
Bei Medikamenten wollen die Patienten sichergehen, dass sie auch wirklich das richtige Medikament einnehmen, da sie wissen, dass die Einnahme des falschen Medikaments sehr schwerwiegende Folgen haben könnte. Daher achten sie besonders genau auf den Namen. Es reichen bei Medikamenten also schon oft geringe Abweichungen, um aus dem Schutz einer Medikamentenmarke herauszukommen. Andererseits werden die Käufer von Bleistiften kaum oder nicht so genau auf den Markennahmen achten, da es sich um ein günstiges Produkt handelt, bei dem es kaum ernste Auswirkungen gibt, wenn man die falsche Marke kauft. Daher sind die Käufer bzw. Verkehrskreise nicht so aufmerksam und verwechseln leichter Marken, die größere Unterschiede z.B. in den Markennamen haben.
Umfassende Beurteilung und praktische Tipps!
Wie funktioniert die umfassende Beurteilung und Abwägung aller Faktoren? Wie minimieren Sie das Risiko, fremde Marken zu verletzen? Wie können Sie mehr Sicherheit beim Vorgehen gegen Wettbewerber mit (zu) ähnlichen Marken bekommen? Was sind typische Fehler und Best Practices?
Die Ämter und Gerichte sehen sich in der Regel wenigstens folgende Dinge bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr an:
- Wie ähnlich sind die Waren und Dienstleistungen
- Wie ähnlich sind die Zeichen (klanglich, schriftbildlich, assoziativ)?
- Hat die ältere Marke eine normale Kennzeichnungskraft?
- Wie aufmerksam sind die Verkehrskreise?
- Wird eine wichtige Funtkion der älteren Marke wie beispielsweise die Herkunftsfunktion beeinträchtigt?
Da das Thema recht komplex ist, habe ich mich dazu entschlossen, Ihnen mein Wissen dazu in einem kostenfreien Kurs weiterzugeben. In diesem Kurs gebe ich Ihnen mein Wissen aus 20 Jahren Beratungspraxis zu Markenrecht in 5 ausführlichen Live-Sessions zu diesem Thema weiter.